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 Francisco Klinger Carvalho 

Francisco Klinger Carvalho

Preisträger des Mannheimer Kunstpreises der Heinrich-Vetter-Stiftung 2022

02.07.2022 - 14.08.2022

Mit dem Mannheimer Kunstpreis der Heinrich-Vetter-Stiftung unterstützen die Stadt Mannheim und die Heinrich-Vetter-Stiftung professionelle Künstlerinnen und Künstler, die in der Metropolregion leben und wirken. Der in diesem Jahr für plastische Werke und Installation ausgelobte Preis wurde 2022 bereits zum neunten Mal verliehen.

 

Francisco Klinger Carvalho arbeitet multimedial und verfolgt eine sehr eigene Form- und Bildsprache, in der er sich auf Fragen von Interaktion und Abgrenzung im Zusammenleben von Gesellschaften bezieht, ebenso wie auf das Verhältnis von Mensch und Natur. Ein wiederkehrendes Motiv ist der Verlust von Kultur und Identität, von Natur und Heimat. Dabei muten Francisco Klinger Carvalhos Arbeiten poetisch und bisweilen surreal an. Seine Kunst ist tief verwurzelt in der brasilianischen Kultur, vor allem der des Amazonas. Aus ihr speist sie sich, und es sind die Motive und Erinnerungen an diese tradierte und fragile Kultur und Natur, die Francisco Klinger Carvalhos Werke prägen. Zugleich zeigen sie den Blick von außen auf die Kultur Brasiliens. So wie er selbst ein Wanderer zwischen den Welten ist, spiegeln und verbinden sich diese in seinem künstlerischen Werk.

Er agiert politisch ohne seine Kunst zur Politik zu machen. Seine Kunst ist politisch ohne abzubilden. Eine Hauptarbeit der Ausstellung ist die Klanginstallation „AMAZONIA: Symphonie einer Erinnerung“, die Francisco Klinger Carvalho bereits mehrfach in anderer Anordnung und in verschiedenen Kontexten gezeigt hat. Sie geht zurück auf seine Erfahrungen als junger Aktivist in Brasilien in den 1980er Jahren. Damals begann er Stimmen von Menschen und Vögeln in Amazonien aufzunehmen, denn er befürchtete, diese würden irgendwann verloren gehen. Dass dieses „irgendwann“ schon begonnen hat, impliziert nicht nur der Titel „AMAZONIA: Symphonie einer Erinnerung“: Schwarz verkohlte Baumstämme und Äste und ebenso verkohltes Mobiliar sind zu einer grafisch scheinenden Rauminstallation versammelt. Aus Lautsprechern ertönt der schon fast verlorene Klang Amazoniens: es ist ein Bild der Vergänglichkeit, der menschengemachten Zerstörung, voller Trauer und zugleich von nahezu abstrakter Schönheit. Ein metallenes Gitter fasst die Installation ein und grenzt sie ab. Das, was innerhalb des Gitters steht, ist gleichermaßen geschützt und entrückt.

Diese Arbeit zeigt exemplarisch die charakteristischen Arbeitsweisen und Motive von Francisco Klinger Carvalho. So taucht beispielsweise die Gitterstruktur in ihrer inhaltlichen und formalen Vieldeutigkeit immer wieder auf. Seine bevorzugten Materialien – Holz, Ziegel, Metall, Möbelstücke und andere Alltagsgegenstände – findet oder bezieht er vor Ort, es sind einfache Materialien, oft gebrauchte Dinge.

Francisco Klinger Carvalhos Installationen entstehen eine aus der anderen in Variationen. Jedes Mal wenn sie gezeigt werden, nehmen sie eine andere Gestalt an, bestehen dann zum Teil aus anderem Material und passen sich dem Raum oder dem Ort an. Elemente, die in einer Arbeit auftauchen, können Auslöser einer neuen Richtung im Werk werden.

 

Francisco Klinger Carvalho (*1966 in Óbidos / Brasilien) studierte an der Universidade Federal do Estado do Pará, Belém und an der Kunstakademie Düsseldorf. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Stipendien und stellt international aus.

schichtungen

15.07. - 20.08.2017​

Gurppenausstellung mit

Francisco Klinger Carvalho

Jutta Grell

Myriam Holme

Herbert A. Jung

Susanne Lyner

Ausstellungsansichten Schichtung PORT25_26.JPG
Ausstellungsansichten Schichtung PORT25_25.JPG
Ausstellungsansichten Schichtung PORT25_31.JPG

In Carvalhos Arbeiten begegnet man dem Gegensatz zweier Ordnungssysteme innerhalb derer sich Gewachsenes und Konstruiertes zu nahezu alltäglichen Objekten verbinden. In seinen Installationen fügt der im brasilianischen Amazonien aufgewachsene Künstler Materialien, Traditionen und künstlerische Ansätze verschiedener Kulturen zusammen.

Die raumgreifende Installation in der Halle von Port25 steht beispielhaft für die Vielfalt des Hafenviertels Jungbusch. Carvalho zeigt die Verbindungen zwischen den Bewohnern, den Cafés, Kulturzentren und Wirtschaftsbetrieben auf, indem er diese Akteure um Leihgaben bittet, die er während der Ausstellungsdauer in einer schiffsförmigen Umgatterung zu einer Großskulptur zusammenfügt. Diese bezieht auch architektonische Elemente wie den Betonkubus des Aufzugs ein. Als ein Leitmotiv kann man das Reisen ausmachen, das eine Projektidee Carvalhos aufnimmt, die er bereits 2002 bei einem seiner ersten Aufenthalte in Mannheim hatte. Er plante ein Schiff im Verbindungskanal mit einem Gitter festzusetzen.

Im Foyer ist die Arbeit „Hier bin ich nicht da“ in der Nachbarschaft zum Bookshop platziert. Ein Turm aus aufgeschlagenen Einzelbänden des Künstlerlexikons „Thieme Becker“ verweist auf das Bestreben bildender Künstler nach Anerkennung und einer festen Position im Betriebssystem Kunst. Ebenso wie das Lexikon, das in 37 Bänden von 1907 bis 1950 erschienen ist, seinem Anspruch auf Vollständigkeit niemals gerecht werden kann, bleibt den meisten Künstlern der Zugang zum System und der große Ruhm verwehrt.

 

*1966 in Óbidos, Brasilien, lebt in Mannheim
Er studierte an der Universidade Federal do Estado do Pará, Belem und der Kunstakademie Düsseldorf. Seine Arbeiten wurden bisher in zahlreichen Ausstellungen in Brasilien, Chile, Deutschland, Kolumbien, Österreich und der Schweiz gezeigt.

 

Zur Website des Künstlers: hier.

 

Fotos: Francisco Klinger Carvalho: "TV 101, primeiro contato"; "Das erneute Treffen des Reisenden in dem gleichen Ort nach 20 Jahren"; "Hier bin ich nicht da!", Ausstellungsansichten in Port25, © Francisco Klinger Carvalho. Fotos: Toni Montana Studios©

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